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KI und Musik - Teil 2

April 2025

Die Entwicklung der populären Musik verlief immer an den Grenzen des technisch Möglichen. Dass nun auch künstliche Intelligenz zum Thema der Popmusik wird, ist folgerichtig.
Was wird dadurch anders? Was sollte man bei diesem Thema bedenken? Was könnte dabei problematisch sein?
Ich versuche in mehreren Blogeinträgen einige Gedankenfelder zu skizzieren.

Teil 2 - Wer hat ein Interesse an KI in der Musik?

Im ersten Teil meiner Serie "KI & Musik" habe ich festgestellt, dass aus Sicht der Musiker und der Hörer keine Not existierte, welche nun endlich durch KI beseitigt werden würde. Wir modernen Menschen haben uns mittlerweile daran gewöhnt, dass sogenannter technischer Fortschritt wie ein Naturgesetz über uns kommt. Fragen nach Sinn und Unsinn erscheinen deshalb überflüssig. Je technischer eine Lösung, desto besser. Aber wer hat denn nun ein Interesse daran, die KI in die Musik zu bringen. Marxisten werden hier wohl die Profitgier der Kapitalisten vermuten. Ja, Geld spielt immer eine Rolle. Aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die vordersten Treiber der Entwicklung zunächst einfach nur ihrem spielerischen Eifer und dem Pioniergeist folgen. Es sind die Forscher und Entwickler.

Die Entwickler

Seit Jahrzehnten existiert in der Informatik das Ansinnen, selbst lernende Systeme zu entwickeln und menschliche Lernvorgänge technisch zu simulieren.
Für den Entwickler hat die Arbeit mit den technischen Möglichkeiten etwas faszinierendes. Wie ein spielendes Kind sinnt der Entwickler über das nach, was möglich ist bzw. was möglich sein könnte. Ein Entwickler wird von der spielerischen Idee getrieben, eine Software bzw. eine KI zu entwickeln, die Musik auf Knopfdruck erfindet. Er fragt sich vorher nicht, ob das nützlich ist, sondern er fragt sich, ob das möglich ist.

Schon lange haben sich interessierte Software-Entwickler die Zähne an Musikautomaten ausgebissen. Die herkömmliche, algorithmische Programmierung hatte hier Grenzen. Einerseits ist es schwer bis unmöglich, die Regeln guter Musik zu formulieren und dann zu programmieren. Zweitens blieb das Ergebnis an der in der Elektronik herrschenden Dualität von Notationsbefehlen (MIDI) und Klangzuweisung (Sampler, Synthesizer) hängen. Spätestens schwer zu simulierende Instrumente (Gitarre) und natürlich der Gesang sind bei diesem Ansatz unüberwindbare Hindernisse.
Das ist bei KI anders, denn KI überspringt die Formalisierung der Musik und die Abstraktion eines Algorithmus. Sie überholt sozusagen den bisherigen Ansatz rechts. KI frisst 1000 Songs, verdaut sie und scheißt den 1001sten Song aus. Komplett, ohne auch nur eine Note oder einen Sound zu "bedenken" oder zu berechnen. Deswegen klingt sie täuschend echt und deswegen ist die KI - im Gegensatz zu den früheren Automatenspielereien - mittlerweile ein ernstzunehmendes Thema.

Die Entwickler wollen spielen. Und sie wollen es denjenigen zeigen, die stets behaupteten, dass das alles niemals möglich sein wird. Letztere sind vor allem die Musiker selbst.
Mittlerweile aber ist das Spiel mit der Musikschöpfung soweit gediehen, dass man ein Produkt anbieten kann. Dieses Produkt ist eben nicht für Musiker geschaffen, sondern für Nichtmusiker. Die zweite Interessentengruppe an KI in der Musik sind die Laien.

Der Laie

Immer mal wieder wird mir Werbung für Musik-KI-Software angezeigt. "Become a musical Hit-Maker in Seconds." Grob ins Alltagsdeutsch übersetzt: "Erschaffe Hits, auch wenn Du gar keine Ahnung von Musik hast."
Ich selbst habe zigtausende Stunden geübt, gelernt, getüftelt und gemuggt, um in die Lage zu kommen, halbwegs brauchbare Songs zu kreieren, zu produzieren und darzubieten. Was sind da schon 20 EUR im Monat für den unlimitierten Zugang zu einer Songschreibmaschine? Die Zulässigkeit dieser Gleichstellung wäre in einem weiteren Teil zu erörtern, aber die Werbung verspricht genau das: "Spare Dir die ganze Arbeit, kaufe unser Werkzeug!" Mit ein wenig Geld können die Laien professionelle Ergebnisse erzielen. Das sind die Kunden. Das ist der Markt. Millionen Musiker träumen vom Erfolg ihrer Musik, und nun kommen noch Milliarden Laien dazu. Was das Versprechen der Werbung wert ist, ist für das Geschäft erst einmal egal.
Doch nicht nur die Entwicklerfirmen mit ihrem Angebot für die Laien profitieren von der KI, es gibt einen weiteren Akteur im Musikmarkt, dem KI sehr nützlich sein kann. Es sind die Musikanbieter, allen voran die Streaming-Plattformen.

Die Plattformen

Soweit ich weiß, willigt man heute beim Upload seiner Musik auf eine Online-Plattform ein, dass die eigenen Werke von der hauseigenen KI eingelesen werden dürfen. Selbst wenn man nicht einwilligen würde, kann niemand erfahren, mit welchen Songs die KI gefüttert wird. Das führt mittlerweile schon zu Debatten über den Urheberschutz. Ich mache den Musikern wenig Hoffnung. Der einzige Schutz vor der KI ist die Nichtveröffentlichung.

Warum erwähne ich das? Eine Musik-Plattform hat nicht nur die Musik als Datenbasis, sondern auch die Reaktion der Hörer auf die Musik. Spotify weiß mehr über Deine Hörgewohnheiten als Du selbst. Dieses Kapital kann man nicht nur dazu nutzen, Dir immer die richtige Musik vom richtigen Musiker anzubieten, sondern jetzt oder bald auch, die richtige Musik für Dich zu erschaffen. Die Marge, die Spotify an die Musiker pro Click zahlt, ist ziemlich niedrig. Aber immer noch zu hoch, um nicht darüber nachzudenken, wie man sie sich sparen kann.
Ich habe in einem Fernseh-Beitrag gesehen, dass ein Produzent von Hintergrundmusik davon leben konnte, im Monat ein paar schöne Instrumentalstücke auf Spotify hochzuladen. So ein Geschäftsmodell könnte Spotify relativ einfach mit KI trocken legen. Wer kennt sie nicht - die Playlists "Musik zum Einschlafen", "Musik zum Lernen", "Musik für's Rendezvous" usw.? Wie ich im ersten Teil schon andeutete, ist Gebrauchs-Instrumental-Musik das erste Opfer der KI. Gleich danach kommt Dance- und Technomusik.

Durch die Interaktion mit dem Hörer könnte hier auf einer großen Plattform sogar eine Evolution der KI ausgelöst werden. Die KI gewinnt zur Datenbasis existierender menschengemachter Tracks die Erfahrungen mit ihren Kreationen und könnte sich allmählich von der menschlichen Kreativität abkoppeln.
Das, was ich hier beschreibe, ist in den Foto- und Grafik-Börsen des Internets bereits im Gange. Maschinell erstellte Fotos und Grafiken erobern die Suchergebnisse. Für diese Grafiken muss der Betreiber kein Honorar an den Urheber abdrücken. Wenn dem Nutzer dann das künstliche Ergebnis gefällt - umso besser. Teilweise sind die Generatoren in die Börse integriert, so dass sich die Nutzer durch Generierung und Auswahl an der quantitativen und qualitativen Verbesserung des Angebots beteiligen. Die Nutzer filtern Ergebnisse der Generierung, und die Maschine lernt auf einem noch höheren Niveau, als wenn sie nur Daten schluckt.
Den Zielpunkt dieser Mechanismen nenne ich: das digitale Perpetuum Mobile. Oder sagen wir besser: das monetäre Perpetuum Mobile. Eine solche Maschinerie produziert in den feuchten Träumen der Digitalunternehmer Geld auf Knopfdruck.

Ob dieser Traum in Erfüllung geht? Ob die Laien wirklich glücklich mit ihren generierten Tracks werden und auch nur einer davon erfolgreich?

Das steht und fällt mit der Bereitschaft der Menschen, KI-Musik zu akzeptieren und dafür Geld zu bezahlen. Und überdies hinaus hängt es davon ab, ob es noch einen Unterschied geben wird zwischen KI-Musik und menschenerdachter Musik, ob die Menschen diesen Unterschied wahrnehmen und ob sie diesen Unterschied im Sinne des Menschen zu würdigen wissen.

Deswegen werde ich im dritten Teil der Frage nachgehen, worin sich vom Menschen erschaffene Musik gegenüber KI-Musik unterscheidet. Dafür ist ein Blick auf die Entstehungsformen von menschengemachter Musik nötig, auf deren Qualitätsmerkmale und auf die Hör- und Aufführungspraxis von Musik.

 

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